Finanzierung

Wir alle wissen inzwischen, so ein Assistenzhund (egal, ob für Menschen mit einer PTBS, mit Autismus, mit Epilepsie oder mit Rollstuhl) ist verdammt teuer. Je nach Ausbildungsform variieren zwar die Preise, aber viel Geld bleibt es trotzdem. Da die Krankenkassen sich fein aus ihrer Verantwortung ziehen, Hilfsmittel zu finanzieren, müssen wir die Kosten irgendwie alleine stemmen. Aber wie kann man das machen?

 

Möglichkeit 1: Reich sein

Egal, ob gerade die vermögende Tante ohne sonstige Verwandte gestorben ist oder ein unerwarteter Lottogewinn ins Haus geflattert ist, wenn du genug Geld hast, ist natürlich auch die Ausbildung eines Assistenzhundes kein Problem mehr. Da das allerdings auf die wenigsten Menschen zutrifft, machen wir gleich mit der zweiten Möglichkeit weiter.

 

Möglichkeit 2: Spenden sammeln

Gleich beim ersten Gespräch mit der Trainerin von Yoshi wurde dieses Thema angesprochen. Ein paar Wochen später konnte man mein und Yoshis Gesicht dann online sehen und wem es gefiel, der ließ ein paar Euro da. Zusätzlich hausierte ich bei meiner Familie, stellte meinen Plan vor und erhielt auch hier viel Unterstützung. Spenden haben übrigens nicht nur den Effekt, dass man Geld zusammenbekommt und somit eine finanzielle Erleichterung spürt. Für mich ist es immer ein ganz besonders bewegendes Gefühl, wenn jemand sich beteiligt, denn es ist eine Bestätigung meines Vorhabens. Ich bin ziemlich selbstkritisch und habe ernsthafte Probleme damit, um Hilfe zu bitten. Aber da sind wildfremde Menschen, die an Yoshi und mich glauben. Das pusht ungemein und ich bin wirklich jedem Spender zutiefst dankbar, dass er mir dieses Gefühl gibt.

Am einfachsten ist vermutlich eine online Spendenseite, denn die kann von vielen Menschen gefunden werden. Manchmal lohnt sich aber auch ein Blick in die Offline-Welt. Zeitungsartikel oder Anzeigen in der Wochenrundschrift der Stadt, Radiointerviews oder sogar Auftritte im Fernsehen machen auf dein Anliegen aufmerksam und generieren mehr Spender. Natürlich ist das aber von eigenen Vorlieben abhängig, denn nicht jeder möchte mit der eigenen Erkrankung so in der Öffentlichkeit stehen (ich zum Beispiel hadere noch mit dem Gedanken).

 

Möglichkeit 3: Bei Behörden nachfragen

Eigentlich ist die Krankenkasse ja für die Finanzierung von Hilfsmitteln zuständig, aber die machen es sich gemütlich in ihrem „Wir bezahlen nur, was im Hilfsmittelverzeichnis steht“. Was ich davon halte, könnt ihr an anderer Stelle nachlesen (https://www.bluetenstille.com/der-assistenzhund-und-die-krankenkasse). Trotzdem lohnt es sich, so ziemlich jedem auf die Nerven zu gehen, der eigentlich dafür verantwortlich wäre, dass der Assistenzhund eine gute Ausbildung und ausreichend Futter bekommt. Neben der Krankenkasse können das auch Opferfonds sein, wie der Fonds für Opfer sexuellen Missbrauchs. Auch Menschen, die ein Anrecht auf Hilfe durch das Opferentschädigungsgesetz (OEG) haben, können dort einen Zuschuss für den Assistenzhund beantragen.

Leider ist es irgendwann sehr anstrengend, dutzende Anträge zu stellen, und immer wieder Absagen zu bekommen, ist demotivierend und ermüdend. Hier sollte man also sehr auf sich selbst achten und gegebenenfalls irgendwann aufhören. Ich weiß, wir sollen immer weiterkämpfen, aber manchmal ist das nicht möglich und das ist absolut in Ordnung. Hilfe und Beratung gibt es übrigens zum Beispiel bei der EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung), die gibt es in so ziemlich jeder größeren und manchmal sogar in der ein oder anderen kleineren Stadt.

 

Möglichkeit 4: Stiftungen

Es gibt in Deutschland vermutlich mehrere tausend Stiftungen, die sich verschiedenen Themengebieten widmen. Einige von denen unterstützen neben Organisationen auch Privatpersonen. Es lohnt sich also, potentiell geeignete Stiftungen zu suchen und so viele wie möglich anzuschreiben.

Das Problem an Stiftungen ist allerdings, dass die meisten von denen ein relativ begrenztes Budget haben und ganz genau darauf achten müssen, wen sie unterstützten können und wollen. Von manchen erhält man einen Teilbetrag zur Finanzierung des Assistenzhundes, von vielen aber auch nur eine Absage mit den Worten „Sorry, gerade kein Geld da“. Auch bei Stiftungen gelten manche Assistenzhunde aus Unwissenheit als Luxusgut und das zu unterstützen, scheint nicht notwendig. Manche Stiftungen möchten auch auf Nummer sicher gehen (was ich absolut verstehen kann) und wollen bei Vertragsabschluss die Bestätigung, dass die komplette Finanzierung steht. Hier beißt sich die Katze ein bisschen in den Schwanz, denn ich würde ja nicht bei einer Stiftung anfragen, wenn ich das Geld bereits zusammenhätte.

Trotzdem – und vor allem aus Verzweiflung vor dem finanziellen Ruin – lohnt es sich, so viele Stiftungen wie möglich anzuschreiben. Das muss auch nicht an einem Tag erfolgen, sondern man kann zum Beispiel einmal die Woche eine Stiftung heraussuchen und einen kurzen Brief oder eine E-Mail schicken. Wichtig ist, das Anliegen so genau wie möglich zu beschreiben, also beachtet folgende Punkte:

 

Wer bin ich und was habe ich?

Wieso und wobei schränkt mich das ein?

Was ist ein Assistenzhund und was kann der?

Warum hilft mir das konkret (z. B. Teilhabe)?

Warum brauche ich finanzielle Unterstützung?

Wie viel genau wird die Ausbildung kosten (ggf. Kostenvoranschlag)?

Was davon habe ich wie bereits zusammenbekommen?

Wo habe ich bereits angefragt (z. B. Krankenkasse, ggf. mit Ablehnung)?

 

Und bitte nicht entmutigen lassen, wenn eine Absage kommt, denn die meisten Stiftungen haben das Geld auch nicht gerade locker sitzen.

 

Möglichkeit 5: Eisern sparen

Natürlich kann man auch auf alle Unterstützungsmöglichkeiten verzichten und den eigenen Gürtel etwas enger schnallen. Genau das tun wir gerade, denn Yoshi kostet uns pro Monat genau so viel, wie ich als BAföG bekomme. Wenn ich also meinen Mann nicht hätte, müsste ich von kalter Suppe leben, die ich aus Ablehnungsschreiben der Krankenkasse zubereite.

„Wenn du den Hund unbedingt willst, musst du halt woanders sparen“, höre ich inzwischen beinahe wöchentlich, meistens als Drunterkommentare oder DMs auf Twitter. Ja, das ist naheliegend, aber funktioniert halt nicht immer. Wie gesagt, Ablehnungsschreibensuppe. Gerade Menschen, die einen Assistenzhund brauchen, haben kein so dickes Konto, denn viele von uns können wegen der Erkrankung zum Beispiel nicht arbeiten. Und mal so nebenbei: Wer hat bitteschön einfach mal 30.000 Euro zur freien Verfügung?

Ich habe inzwischen ein kleines Sparschwein für Yoshi. Was da reinkommt? Neben Weihnachts- und Geburtstagsgeld alles, was ich im Geldbeutel entbehren kann. Seit Yoshi in unser Leben getreten ist, habe ich übrigens auch folgenden Trick: Immer, wenn ich spontan irgendwas shoppen will (neue Schuhe, ein neues Stirnband, neue Kopfhörer, einen Döner), denke ich an Yoshi und stecke das Geld stattdessen in das Sparschwein. Das ist unser Puffer für schlechte Tage, sollten wir mal einen finanziellen Engpass haben und Yoshi will trotzdem etwas essen. Assistenzhunde sind super, um dem Konsumkapitalismus zu besiegen.

 

Was sagt der Artikel mir jetzt?

Ein Assistenzhund ist teuer, aber manchmal eben einfach notwendig. Nachdem ambulante, stationäre und medikamentöse Therapien nicht geholfen haben, mir ein einigermaßen normales Leben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, bleibt mir nur noch Yoshi als Hoffnung. Ich will nicht mehr überall hin von meinem Mann begleitet werden. Ich will spontan mal spazieren oder einkaufen gehen und dabei vielleicht nicht immer latent vor einer Panikattacke oder Dissoziation hängen. Das ist Yoshi mir wert, auch, wenn wir für die nächsten zwei Jahre unser gesamtes Erspartes auf den Kopf kloppen werden. Trotzdem finde ich es absolut nicht gerechtfertigt, dass die Krankenkassen sich einfach fein herausnehmen, denn sie sind eigentlich dafür zuständig, uns Menschen mit Erkrankung ein Leben in Teilhabe und Freiheit zu ermöglichen.

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