Das leidige Thema Schuld

Menschen mit psychischen Problemen sollen ja irgendwie immer selbst an ihrer Misere schuld sein. Das ist bei vielen Mitbürgern noch fest im Kopf verankert. Wieso eigentlich? Was kann ich dafür? Was habe ich getan, um die Probleme zu bekommen? Und vor allem – bin ich wirklich selbst schuld daran, dass ich die Angst und Depression nicht wegbekomme? Jeder ist doch seines eigenen Glückes Schmied. Hab‘ ich meinem Freund mit Krebs auch gesagt. Der konnte irgendwie nicht darüber lachen.

Ich weiß noch ganz genau, wie es am Anfang der Angst war. Es war gar kein großer Auslöser, eher ein Nebenbei-Ereignis, das man auch unter „Aha“ verbuchen könnte. Habe ich aber nicht. Bin ich selbst daran schuld? Ich hätte früher stärker sein können. Oder – hätte ich es sein können? Kann ich etwas dafür, wie ich bin und wie ich mit Situationen umgehe?

Einmal hat man zu mir gesagt: „Wir hatten doch alle irgendwie eine schwere Kindheit.“ Ist es meine Schuld, dass ich nicht damit fertiggeworden bin? Was hätte ich als Kind anders machen können? Und vor allem – hätte es etwas geändert? Bin ich schuld, war ich als Kind schuld?

Klar, die ganze Scheiße geht doch in meinem Kopf ab. Selber schuld, warum hast du dir auch kein anderes Gehirn angelegt? Wieso hat mir eigentlich noch nie jemand gesagt, dass ich an meiner Schilddrüsenunterfunktion selbst schuld bin? Kann ich für die was? Ich soll also an meiner laut feuernden Amygdala schuld sein, aber nicht an meiner zu klein geratenen Schilddrüse?

Klar, für die Veranlagungen kann keiner was, aber wie wir damit umgehen, das soll in unserer eigenen Hand liegen. Tut es auch irgendwie. Aber was bringt mir das? Wenn mein Hirn mir einredet, ich sei für nichts gut genug und mein Körper maximal abspackt, weil ich vor die Tür gehen will, kann ich dann etwas dafür? Kann ich etwas dafür, dass ich manchmal nicht stark genug bin, dagegen vorzugehen? Bin ich selbst schuld daran, dass ich nicht immer stark bin?

Ist der Traumatisierte selbst schuld an seiner Traumatisierung? Immerhin bilden ja nur die wenigsten nach einem schrecklichen Ereignis eine PTBS aus. Sag‘ das bitte mal einem Traumatisierten ins Gesicht: „Du bist selber schuld daran.“ Wieso also bei einem Depressiven oder jemandem mit Angststörung? Ich hab mir das nicht ausgesucht, weil ich es so geil finde. Und ich hänge sicher nicht noch immer fest drin, weil ich mich damit so wohl fühle.

Und ganz nebenbei ist es auch nicht sehr hilfreich, jemandem mit Depressionen zu sagen, er sei selbst schuld an seiner Lage. Ein Hauptsymptom der Depression ist es nämlich, sich selbst immer die Schuld an allem zu geben. Wir wollen das dann eigentlich nicht noch von Außenstehenden bestätigt wissen, wie wenig wir auf die Kette bekommen. Danke dafür. Das weiß ich sehr wohl auch ohne deine dummen Sprüche.

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