Was mir bei Angst hilft

Alle Menschen haben Angst. Alle Menschen kennen dieses eklige Gefühl in der Brust, im Bauch, im Kopf. Bei Personen mit Angststörung ist diese Angst allgegenwärtig, tritt unvermittelt auf, ist intensiver oder länger anhaltend als bei Personen ohne Angststörung.

Aber was kann man machen, wenn man akut vor Angst fast wahnsinnig wird? Die meisten haben vermutlich bereits eigene Strategien, die Emotion zu regulieren. Viele fühlen sich aber schlicht von ihr überwältigt und hilflos ausgeliefert.

Vor einiger Zeit habe ich mal verschiedene Dinge ausprobiert, die mir in akuten Angstsituationen helfen könnten. Manche habe ich von anderen empfohlen bekommen, um sie selbst zu erproben. Ob diese Strategien helfen, ist sehr individuell. Ich habe auch vieles getestet, was gar nichts gebracht hat. Trotzdem würde ich hier gerne meine Liste mit euch teilen. Vielleicht kann der ein oder andere ja etwas damit anfangen ;)

 

Fluchen

Ja, vermutlich nicht für jeden etwas, aber es ist wissenschaftlich erwiesen, dass fluchen Schmerzen reduzieren kann, wieso dann also nicht Angst? Natürlich sollte im öffentlichen Raum eher leise oder im Kopf rausgelassen werden, was Mama von uns nicht hören will. Alleine zu Hause einfach mal laufen lassen. Da kommen einige kreative Dinge zusammen, die einen sogar zum Lachen bringen können.

 

Kaugummi kauen

Auch das soll wissenschaftlich erforscht sein, denn Kauen suggeriert dem Gehirn, dass man isst und wenn man isst, ist man in Sicherheit. Bei mir funktionieren am besten richtig scharfe Kaugummis. Manche greifen auch zu Chili, die mag ich nur nicht. Die Schärfe von Kaugummi aber erdet mich und lässt mich besser durchatmen.

 

Starke, angenehme Gerüche

Ich habe immer meinen kleinen Aromastift mit Lavendelduft dabei. Lavendel ist mein absoluter Lieblingsduft, er ist sehr intensiv und beruhigt. Es sieht zwar vermutlich etwas komisch aus, wenn ich an meinem Aromastift schnüffle wie ein Junkie am Klebstoff, aber was schert’s mich, was die anderen denken? Manchmal träufle ich mir auch ein bisschen Lavendelöl auf die Schläfen, die Nasenwurzel oder die Handgelenke.

 

Body Scan

Eine der bekanntesten Meditationstechniken des MBSR (Mindfull-Based Stress Reduction). Man beginnt bei den Zehen und geht den Körper bis zum Kopf durch, beziehungsweise ende ich immer bei den Handinnenflächen. Man spürt einfach jeden Quadratzentimeter Haut. Der Stuhl, auf dem ich sitze, den Bund meiner Hose am Bauch, die Haare auf meinem Kopf, meine Gesichtszüge, alles.

 

Weinen

Ja, das kann man wirklich nicht überall tun, aber es nimmt sehr viel Druck aus der Angst. Denn durch Weinen und Schluchzen wird Adrenalin abgebaut, von dem bei Angst deutlich zu viel im Körper vorhanden ist. Ich fühle mich nie so entspannt, wie nach einer ordentlichen Partie Heulen.

 

Laufen

Genauso wie Weinen baut Bewegung Adrenalin ab. Dass der Körper sich gerne aus der zwanghaften Ruheposition lösen möchte, merkt man oft am tippenden Fuß oder klickenden Kugelschreiber. Dabei reicht oft schon eine kleine Runde über den Flur oder um den Block herum. Es muss auch nicht gleich ein Marathon sein, schnelles Gehen reicht.

 

Strecken

Strecken und Gähnen beruhigen mich ungemein. Gähnen symbolisiert, dass der Körper in Sicherheit ist und Strecken dehnt die verspannten Muskeln. Außerdem fühle ich mich, wenn ich Angst habe, immer sehr klein. Durch das Strecken werde ich größer, meine Körperhaltung verbessert sich, wodurch ich mich selbstsicherer und weniger ängstlich fühle. Win-Win-Situation für alle.

 

Atmen

Bei dieser Übung zum Beispiel weiß ich, dass sie nicht allen hilft. Manche verkrampfen sich noch zusätzlich, wenn sie sich auf den eigenen Atem konzentrieren. Mir hilft das bewusst langsame Ein- und Ausatmen hingegen sehr. Eine ruhige Stimme gibt in meinem Kopf den Takt vor. Zwei Herzschläge einatmen, vier Herzschläge ausatmen. Der Rhythmus ist natürlich stark abhängig davon, wie sehr mein Herz gerade austickt.

 

Singen

Ja, auch das kann man nicht überall uneingeschränkt tun. Bin ich aber zu Hause, lasse ich alles raus, was an Mariah Carey in mir steckt. Denn Singen ist eigentlich nichts anderes als kontrolliertes Ein- und Ausatmen, mit Betonung auf Ausatmen. Dadurch werde ich zielsicher ruhiger.

 

Wie gesagt, viele dieser Sachen werden nicht allen helfen. Man muss einfach ein wenig herumprobieren, bis man die für einen selbst passenden Strategien zusammengesammelt hat. Dabei ist es gut, sie auf einen Zettel zu notieren, der stets mitgeführt wird. Zum Kaugummi greife ich inzwischen automatisch, wenn die Nervosität mich übermannt. Übungen wie der Body Scan müssen in ruhigen Situationen trainiert werden, um in akuten Angstmomenten präsent zu sein.

Ich hoffe, die Liste kann dem einen oder anderen ein bisschen helfen oder zumindest den Anstoß geben, selbst darüber nachzudenken, was bei starker Angst eine Unterstützung sein kann. Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren :)

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