Ich bin krank, nicht gefährlich

Mal wieder hat Bayern es geschafft – durch eine selten dämliche Idee ist mein Heimatbundesland in die Schlagzeilen geraten. Das neue Psycho-Verwahrungs-Gesetz. Oder wie es korrekt heißt: „Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ (BayPsychKHG). Dass man sich alleine durch das Tippen dieses Namens einen Krampf holt, ist vermutlich das kleinste Problem. Denn es geht schlicht um die Kriminalisierung von Erkrankten.

An dieser Stelle möchte ich natürlich zunächst die Vorteile des Gesetzes darlegen. Es soll einen flächendeckenden Krisendienst geben, durch den die Koordination in psychischen Notlagen erleichtert werden soll. Das war das Gute an dem Gesetz. Punkt.

Man kann die 39 Paragraphen wie folgt aufteilen: 4 handeln von der „Hilfe“ für Menschen mit psychischen Problemen, 35 beschäftigen sich mit der „Unterbringung“. Warum das Gesetz dann „Bayerisches Psychisch-Kranken-HILFE-Gesetz“ (aua, meine Finger!) heißt, ist mir eher unklar.

Nach dem, was drin steht, sollte es vermutlich eher „Bayerisches Psychisch-Kranken-Stigmatisierungs-Gesetz“ heißen. Denn im Großen und Ganzen geht es alleine um eine Stigmatisierung und Kriminalisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Depressive werden als potentielle Gewalttäter dargestellt und dementsprechend sollen sie auch behandelt werden.

So wird unter anderem festgelegt, wann einem Patienten in einer Psychiatrie Besuche oder Telefonate untersagt werden können oder wann diese überwacht werden. Außerdem behandelt wird das Thema Fixierung und Durchsuchung des Körpers – inklusive intimer Körperöffnungen. Immerhin soll dem Patienten ein Minimum an – nein, nicht Menschenwürde, der Zug ist abgefahren – Besuchszeit pro Woche eingeräumt werden, nämlich eine Stunde.

Allerdings dreht sich das Gesetz vor allem um die sogenannte „Gefahrenabwehr“. Wie man Menschen mit psychischen Problemen am besten und effektivsten helfen kann, das ist offensichtlich egal. Hauptsache, die kommen nicht mal auf die Idee, jemandem wehzutun. Dass die meisten in einer normalen Psychiatrie vor allem selbstgefährdend sind und nicht fremdgefährdend, scheint in den oberen bayerischen Etagen noch nicht angekommen zu sein.

Das hätte eigentlich schon für einen guten Hollywood-Blockbuster à la „Einer flog über das Kuckucksnest“ gereicht (und nein, in einer Psychiatrie läuft das nicht so ab wie in dem Film). Aber die CSU wär‘ ja nicht die CSU, wenn sie’s nicht noch a bisserl mehr übertreiben würden.

Deswegen soll es eine Unterbringungsdatei geben über jeden, der auch nur für wenige Stunden in einer Psychiatrie war. Darin steht neben dem Zeitraum unter anderem auch die Diagnose. All das soll mindestens fünf Jahre gespeichert werden und kann zum Beispiel für die Verfolgung von Straftaten eingesehen werden. Wer noch alles einen Blick in diese Datei werfen können wird (zum Beispiel das Kultusministerium, wenn es um die Vergabe von Referendariaten geht), sei mal dahingestellt.

 

Was kann also passieren, wenn dieses Gesetz tatsächlich durchkommt?

Nummer Eins: Stigmatisierung. Wer will dann noch zugeben, in einer Psychiatrie gewesen zu sein? Wenn man schon so ein Gesetz braucht, sind das doch alles schwerkriminelle Bekloppte und nicht etwa ganz normale Menschen in schwierigen Lebenssituationen. Betroffene werden unter Generalverdacht gestellt und müssen sich noch mehr hüten, wem sie von ihren Problemen berichten.

Nummer Zwei: Scham. Weniger Betroffene werden sich in stationäre psychiatrische Behandlung begeben. Wer will schon auf so einer Verbrecherliste landen? Das führt unweigerlich dazu, dass Menschen, die eigentlich dringend Hilfe brauchen, sich diese nicht suchen. Wie viele werden lieber den Freitod wählen, als sich einer solchen Schikane auszusetzen? Das ist nicht nur brandgefährlich, sondern unmenschlich und grausam.

 

Wir sind krank. Nicht verrückt. Nicht irre. Nicht gefährlich.

Es gibt Menschen mit psychischen Problemen, die anderen das Leben zur Hölle machen. Es gibt aber auch Menschen, die angeblich keine haben, und trotzdem anderen das Leben zur Hölle machen. Die bayerische Regierung zum Beispiel. Wer sich Hilfe sucht, sollte Anerkennung und Respekt finden, denn er ist mutig genug, sich den Dämonen zu stellen. Psychische Erkrankungen können in den allermeisten Fällen gut behandelt werden. Die Grundlage hierfür ist aber Toleranz, Wärme und Entgegenkommen. Nicht die Einschränkung der Menschenwürde. Liebe CSU, sauber verkackt.

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