Was mir guttut - Singen

Mit Therapeutischem Singen kann ja beim besten Willen nicht jeder etwas anfangen. Mir aber hilft die kontrollierte Ein- und Ausatmung mit variierender Stimmband- und Kiefergelenksstellung bzw. -spannung sehr. Klingt seltsam, ist aber so. Denn nichts anderes ist Singen letzten Endes. Wieso aber finde ich das gerade bei heranstürmenden Dissoziationen und Flashbacks, schwarzen Löchern und Herzrasen so toll?

Zum einen ist Singen eine gute Erdung. Es ist ein Hier und Jetzt, eine Realität, die ich nicht von mir weisen kann. Da ist etwas, das aus meinem Mund kommt. Es ist etwas ganz Wirkliches. Gerade bei Dissoziationen, Flashbacks oder Albträumen ist das extrem wichtig. Dabei muss es nicht super klingen, ich singe ja gerade nicht für eine Musical-Produktion vor, sondern für mich alleine. Mal so am Rande, wie soll sich das denn bitte schön anhören, wenn ich mit tränenerstickter Stimme versuche, einfachste Töne zu produzieren? Darum geht es nämlich nicht. Es muss nicht weltklasse sein. Es muss mich daran erinnern, dass ich einen Körper habe, den ich wenigstens einigermaßen kontrollieren kann.

Zum anderen war und ist Singen für mich die wichtigste Coping-Strategie meiner Kindheit. Wenn Kinder Angst haben, was machen sie dann? Sie singen. Damit die Dunkelheit nicht mehr ganz so bedrohlich ist. Es gab schon Lehrer, die mit ihren Grundschülern während Amokläufen leise Kinderlieder geträllert haben, um die Schützlinge abzulenken. Das funktioniert wirklich. Es sind bekannte Melodien, bekannte Texte, Vorhersehbares, was ein bisschen Kontrolle zurückgibt. Außerdem erinnern mich die Lieder an bessere Zeiten, schönere Tage voller Unbeschwertheit. Es sind nicht unbedingt immer Songs aus meiner Kindheit, sondern auch solche, bei denen ich mir die schönen Erinnerungen dazu selbst geschaffen habe (bewusstes Assoziieren oder auch operantes Konditionieren, also die Verknüpfung zwischen Aktion und Belohnung). Wenn ich diese Lieder singe, geht es mir also von ganz alleine besser, denn mein Belohnungszentrum springt an.

Und ein ganz anderer Vorteil beim Singen, der mir in den besten Panikattacken aufgefallen ist: Beim Singen kann man nicht die Luft anhalten. Man muss bewusst atmen und desto länger ein Ton ist, umso ruhiger werde ich, denn umso länger atme ich aus. Singen beruhigt also ganz einfach über die Atmung. Einatmen, langer Ton = ausatmen. Das geht gar nicht anders. Klar, am Anfang klingt das mehr nach minder verstopfter Orgel, was da aus meinem Mund rauskommt, aber desto länger ich singe, umso besser und ruhiger atme ich in den Bauch. Da kann jede Meditation einpacken.

Singen hat also für mich drei Vorteile: Es erinnert mich an die Realität, was gerade bei Panikreaktionen und Wegdriften wertvoll ist. Es ist bekannt, vorhersagbar, und damit kontrollierbar, außerdem erinnert es mich an schöne Tage. Und als letztes führt Singen zu ruhiger und gleichmäßiger Atmung.

Was ich eigentlich singe? „Red Is The Rose“ von The High Kings funktioniert bei mir am besten (obwohl es eigentlich ein sehr trauriges Lied ist). Natürlich kann man aber auch einfach singen, was persönlich am meisten gefällt. Singen kann man ja bekanntlich alles irgendwie.

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